Timeblocking im Familienalltag
Neulich waren wir im Schwimmbad. Seitdem die Kinder nicht mehr die ganze Zeit beaufsichtigt werden müssen, kann ich auch mal wieder selber ein paar Bahnen schwimmen. Das mache ich gerne, auch wenn meine Technik sicher zu wünschen übrig lässt.
Jedes mal denke ich: Das müsste ich öfter machen.
Dann vergehen aber Tage, Wochen und Monate und ich tue es nicht. Dabei haben wir zwei Schwimmbäder in der direkten Umgebung.
Warum? Weil die Tage mir anderen Aufgaben vergehen, die dann doch immer wichtiger sind. Diesen Text schreiben zum Beispiel.
Eine Möglichkeit, mit der es besser klappen kann, allen Lebensbereichen mehr Aufmerksamkeit zu geben, ist Timeblocking oder Timeboxing.
Das ist Timeblocking
Timeblocking ist ein Konzept aus dem Zeitmanagement und auf der einen Seite wieder ein neudeutscher Begriff für eine ganze alltägliche Sache – nämlich Aufgaben in den Kalender eintragen.
Auf der anderen Seite ist es aber auch ein Konzept, den Kalender bewusst zu nutzen, um mehr Balance im Leben zu erreichen und Ziele umzusetzen.
Zeitmanagement durch Timeblocking
Vielleicht hast du schon im Zusammenhang mit Arbeit davon gehört. Dort wird Timeblocking gerne genutzt, um die Produktivität zu erhöhen und effektiver zu arbeiten. Für meine Arbeit nutze ich es selber auch ganz erfolgreich.
Nun klingen ich Produktivität und optimierte Abläufe nicht unbedingt nach einem entspannten und liebevollen Zuhause, aber lass dich von den Begriffen nicht abschrecken. Denn damit ein Zuhause entspannt und liebevoll sein kann, müssen natürlich Dinge erledigt werden – aufräumen, einkaufen, kochen, Wäsche waschen usw. Und Methoden, mit denen du das stressfreier hinbekommst, sind doch eigentlich nichts schlechtes, oder?
So geht Timeblocking im Familienalltag
Du entscheidest, welche Aufgaben erledigt werden sollen, planst sie mit Termin und Dauer in deinem Kalender ein und konzentrierst dich bei der Umsetzung auf genau auf die geplante Aufgabe, damit du sie in der Zeit erledigst und abhaken kannst.
Es geht also um einen Kalender, der widerspiegelt, wie du tatsächlich deine Tage verbringst.
Es geht nicht um Wunschvorstellungen in denen du deinem Kind bei den Hausaufgaben hilfst, deiner Freundin am Telefon Lebenshilfe gibst und die Wäsche machst, während du gleichzeitig das Abendessen vorbereitest. Das endet nur in Stress und Unzufriedenheit und dem Gefühl, nichts zu schaffen. Mit Timeblocking wird jede dieser Aufgaben sichtbar und es wird klar, dass es unmöglich ist, alles auf einmal zu erledigen.
Wie sieht dein Kalender aus?
Aktuell stehen in deinem Kalender vielleicht vor allem Arzttermine oder Einladungen – also spezielle Ereignisse und Termine mit Dritten.
Die ganzen regelmäßigen Aufgaben, der Sportkurs, der Bring- und Holdienst für die Kinder, die Einkäufe usw. hast du zwar im Kopf, aber sie sind unsichtbar in deiner Tagesplanung und sorgen damit für die Erwartung, dass sie „so nebenbei“ laufen.
Das kannst du ändern, indem du sie in dein Timeblocking mit einbeziehst und in den Kalender einträgst.
Mehr Freude planen
Aber natürlich kannst die Kalendereinträge nicht nur für Verpflichtungen nutzen, die von außen kommen, sondern auch für alle anderen Sachen, die du machen und erledigen willst.
Mehr Lesen? Trag dir Zeiten dafür ein!
Mit den Kindern spielen? Ab in den Kalender damit.
Endlich das Wohnzimmer renovieren? Trag Zeiten für die einzelnen Schritte ein.
Denn das ist das Tolle: Du darfst und sollst auch Freude und schöne Sachen planen. Schließlich sind das die Aktivitäten, die so wichtig für die Zufriedenheit sind, die im Alltag aber oft als erstes gestrichen werden, wenn es mal stressig wird. Indem du sie in deinen Kalender einträgst, bekommen sie gleich eine andere Bedeutung und stehen nicht mehr hinter den Verpflichtungen von Außen.
Verplante Zeiten sichtbar machen
Damit die Kalendereinträge den gewünschten Effekt haben, solltest du die Zeit übrigens tatsächlich sichtbar blocken, d.h. die gesamte Dauer als Box im Kalender sichtbar machen.
Bei elektronischen Kalendern passiert das automatisch, da passiert es aber schnell, dass ein Zeitblock mehrfach belegt wird.
Bei Papierkalendern kannst du die Stunden umranden, farblich markieren oder irgendwie anders auf den ersten Blick als geblockte Zeit erkennbar machen.
Der Kalendereintrag ist aber nur der Bereich, indem das Timeblocking sichtbar wird. Die eigentlichen Effekte passieren vorher und nachher.
Zeiträume schätzen
Davor musst du dir nämlich ein paar Gedanken machen, vor allem dazu, wie lange du eigentlich brauchen wirst für die geplante Aktivität.
„Gartenarbeit“ oder „Spaziergang“ ist schnell in den Kalender eingetragen, aber soll es eine halbe Stunde sein oder zwei Stunden?
Und wenn du realistisch darüber nachdenkst, merkst du vielleicht, dass auch ein schneller Einkauf mit allem drum und dran selten unter 45 Minuten erledigt ist.
Das ist auch ein Grund, warum deine Tage oft so stressig sind:
Wir Menschen sind nicht besonders gut darin, die Dauer von Tätigkeiten zu schätzen. Kürzere Aufgaben unterschätzen wir oft und meinen für den Einkauf oder das Wäsche falten kommen wir mit viel weniger Zeit hin, als es tatsächlich dauert. Und das führt natürlich zu Stress.
Auf der anderen Seite überschätzen wir größere Aufgaben. Sie kommen uns langwieriger vor, als sie tatsächlich sind und das führt dann dazu, dass wir nicht damit anfangen weil sie uns zu groß und schwierig vorkommen.
Weil du für den Kalendereintrag die Zeit schätzen musst, wirst du immer wieder feststellen, wann du daneben gelegen hast und nach und nach besser darin, die Zeit für Aufgaben realistisch einzuschätzen. Und das hilft dir, deinen Alltag so zu verplanen, dass du nicht von zu vielen Verpflichtungen überfordert wirst.
Große Aufgaben in kleine Zeitblöcke zerlegen
Da du eine große Aufgabe wie „Wohnzimmer renovieren“ nicht an einem Tag erledigen kannst, zerlegst du sie für das Timeblocking in kleinere Aufgaben, deren Dauer du besser abschätzen kannst und die in deinem Kalender Platz finden. So hilft Timeblocking dir, auch große Themen endlich anzugehen. Denn plötzlich ist da nicht mehr die eine Riesenaufgabe, die du doch nie erledigt bekommst, sondern viele kleine machbare Schritte.
Timeblocking hilft, Prioritäten zu setzen
Außerdem zwingt das Timeblocking dich dazu, Prioritäten zu setzen. Schließlich kann jede Stunde nur einmal vergeben werden.
Wenn also von allen Seiten Erwartungen auf dich einprasseln und du zwischen Terminen zerrissen wirst, macht Timeblocking sichtbar, dass nicht immer alles möglich ist. Und damit hast du die Gelegenheit, einen grundsätzlichen Blick darauf zu werfen, was eigentlich wichtig ist. Denn du siehst im Kalender ganz deutlich, wenn einfach nichts anderes mehr dazwischen passt.
Effektiver Arbeiten dank Zeitplan
Umgekehrt stellst du vielleicht auch fest, dass ein fest geplanter Zeitraum dir hilft, tatsächlich bei der Sache zu bleiben und damit auch dafür sorgt, dass du die geplante Aufgabe fertig machst.
Wenn eine Stunde Aufräumen im Plan steht, kannst du dich immer wieder darauf besinnen, dass du Aufräumen möchtest und nicht hinter dem Regal Staub wischen oder alte Zeitschriften durchschauen. Und mit der Perspektive auf eine Stunde Aufräumen fällt es leichter, sich auf die wichtigen Bereiche zu konzentrieren und nicht sich nicht zwischen Kleinigkeiten zu verzetteln.
Lange vs. kurze Zeitblöcke
Damit dir nicht schon vom Blick in den Kalender schwindelig wird, sollten die einzelnen Zeitblöcke nicht zu klein sein. Alle 15 Minuten von einer Aufgabe zur nächsten zu hetzen macht mehr Stress als nötig. Da ist es sinnvoller, mehrere kleine Aufgaben zusammenzufassen, wenn das thematisch möglich ist. 90 Minuten sind eine Zeit, die noch überschaubar ist, aber nicht zu kleinteilig. Auf der anderen Seite ist es nicht hilfreich, einfach 6 Stunden "Hausarbeit" in den Kalender zu schreiben. Das ist zu unkonkret und führt ziemlich sicher dazu, dass du vom Thema abkommst.
Timeblocking ist flexibel
Außerdem ist dein Kalender dazu da, dir das Leben leichter zu machen und nicht dazu, dich in ein starres Korsett ohne Ausnahmen zu zwängen. Wenn ein zu strukturierter Kalender dir Angst macht, dann versuche es vor allem für den Haushalt mit eher groben Aufgabenkategorien und achte darauf, genug Zeit unverplant zu lassen.
Freie Zeit planen
Denn das ist ganz, ganz wichtig und dir hoffentlich sowieso schon klar: Mach den Kalender nicht ganz voll mit Aufgaben.
Du brauchst Pufferzeiten und fest eingeplante Pausen.
Erstens, weil gerade mit Familie immer wieder Unvorhergesehenes passiert und du mit Pufferzeiten nicht sofort in Panik gerätst, wenn etwas länger dauert und zweitens, weil Timeblocking nicht bedeutet, immer maximal produktiv sein zu müssen.
Im Gegenteil, es geht darum zu erkennen, wann es zu viel wird und allen Lebensbereichen – auch der Freude und dem Nichtstun – ihren Platz in deinem Tag zu ermöglichen.
So ist Timeblocking im Familienalltag für dich da.
Was das Schwimmen angeht, habe ich mich jetzt erkundigt, wann und wo ich als Erwachsene ohne Wettkampfambitionen im Schwimmverein mitmachen kann. Denn das wäre dann ein fester Termin – also geblockte Zeit – und ich weiß aus Erfahrung, dass das für mich deutlich besser klappt, als meine guten Vorsätze. Denn natürlich ist es schwierig, den eigenen Bedürfnissen die gleiche Priorität zu geben, wie Anforderungen die von außen kommen. Das heißt aber nicht, das man es nicht immer weiter probieren kann, auch da mehr Balance hinzubekommen.
Danke für die guten Tipps!